Auch im Symposion, einem Festgelage, an dem es um den Eros, die Liebe, geht, entwickelt Sokrates die Idee des Guten als höchste aller Ideen.
Zudem nährt sich die Vorstellung von Platon als Verfechter einer Ideenlehre nicht zuletzt auch von der Kritik seines bekanntesten Schülers, Aristoteles, der die Ideen als etwas erklärte, was eben nicht losgelöst von einem Gegenstand, sondern als Formen der Dinge selbst existierten.
Hört man sich die Platon-Dialoge an, entstehen jedoch erhebliche Zweifel an dieser bereits viele Jahrtausende alten Interpretation von Platon als Gläubiger einer Lehre transzendenter Ideen.
Zum einen enden sehr viele Dialoge in der Ratlosigkeit, der Aporie. Die angebliche Idee wird also nicht wirklich gefunden. – Ja, sie wird überhaupt noch gesucht: Die meisten Dialoge geben keine abschließende Antwort auf die Frage nach den zur Diskussion stehenden, philosophischen Begriffen, sondern schildern lediglich die erfolglose Suche danach.
Im Gegensatz zu späteren Philosophen schreibt Platon keine Abhandlungen, sondern schreibt dialektische Gespräche nieder: Es werden Thesen und Antithesen besprochen, die schließlich zu neuen Thesen führen, die jedoch kaum je einer genauen Prüfung standhalten.
Sokrates selbst wird von der Seherin in Delphi deshalb als der «Weise unter den Menschen» bezeichnet, weil er eben als einziger seine Unwissenheit einsehe; also auch und vor allem die Unwissenheit über die Ideen.
Im Dialog «Parmenides», einem späten, besonders schwierigen und kaum verständlichen Diskurs, macht sich Platon über die Ideenlehre sogar lustig. Anders als in anderen Dialogen ist der noch junge Sokrates seinem Gesprächspartner Parmenides unterlegen.
Wer die Platon-Dialoge wirklich hört, wird vor allem eins feststellen:
Platon war, wie sein Lehrer Sokrates, ein Suchender.
Platon Philosophie ist keine abgeschlossene, kohärente oder gar einfache Theorie, die sich schnell widerlegen ließe. Im Gegenteil: Die Dialoge zeigen eine systematische Skepsis gegen jedes Vorurteil und vorschnelle Schlussfolgerungen. Sokrates wendet sich zwar regelmäßig und entschieden gegen die Sophisten, die eine Form antiken Relativismus vertreten, bleibt jedoch oft im Dunkeln darüber, was als «Wahrheit» wirklich feststeht.
Konsequenterweise sollte man Platon Philosophie mehr als das sehen, was Wittgenstein viel später und in einem etwas anderen Kontext bemerkt hat: «Die Philosophie ist keine Lehre, sondern eine Tätigkeit.»
Vor diesem Hintergrund ist und bleibt Platon zeitlos als Philosoph, als Suchender relevant.